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Schwerpunkt-Thema: KVP führt nicht zu Lean |
Gastbeitrag
Die Hyperinflation des Begriffes KAIZEN
Kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVP), 5S-Me-
thode, Just in Time… sind klassische Methoden, die
Firmen auf der Suche nach effizienterer Wertschöp-
fung anwenden.
Seit Toyota überall als weltweites «Lean» Erfolgs-
modell für Qualität und Produktivität anerkannt ist,
wollen alle plötzlich die Erfolgsmethoden von Toyota
übernehmen. Kaizen ist ein Kernelement davon. Weni-
ge wissen, was es wirklich ist, aber alle machen es. Da-
mit wird der Begriff Kaizen (zu Deutsch «Veränderung
zum Besseren») inzwischen extrem inflationär benutzt.
Er wird im europäischen Raum häufig als Aushänge-
schild für alle möglichen Optimierungsprogramme und
Tätigkeiten verwendet. Die Realität sieht in vielen Fir-
men so aus, dass der gute alte kontinuierliche Verbes-
serungsprozess KVP einfach in «Kaizen» umbenannt
wird. Das ist bequem, hat aber mit japanischen Metho-
den nicht viel gemein.
Kaizen in Lean-Unternehmen
«
Radikal demokratischer
»
Innovationsprozess mit anschliessender
«
radikal konsequenter
»
Umsetzung der erarbeiteten Standards.
Autor: Heinz Hirschi /affinitas ag
1)
Sokratischer Ansatz:
Ziel des Sokratischen Dialogs ist die gemein-
same Einsicht in einen Sachverhalt auf der Basis von Frage und
Antwort. Dabei provoziert die Antwort oftmals die nächste Frage.
Durch Fragen also und nicht durch Belehren des Gesprächspartners,
soll Einsichtsfähigkeit geweckt werden (Quelle: Wikipedia)
Richtiges Kaizen –
ist durchgreifend und unbequem
Es muss eine substantiell tiefgreifende Vorgehenswei-
se gewählt werden. Richtiges Kaizen heisst Prozesse
und Tätigkeiten kompromisslos in ihre Einzelteile zu
zerlegen, optimiert wieder zu kombinieren und an-
schliessend zu standardisieren. Diese Standards müs-
sen etabliert und «durchgeboxt» werden; und das ist
insbesondere für Führungskräfte nicht immer ange-
nehm. Die erforderliche Tiefe der Zerlegung wird er-
reicht durch ständiges Fragen nach dem Warum und
führt schliesslich zur bestmöglichen Lösung, welche
wiederum Basis und Ausgangspunkt für weitere Ver-
besserungen ist.
Dies ist ein zyklischer Prozess und geschieht in der
Praxis zusammen mit den Mitarbeitenden in Work-
shops, direkt inder Produktionoder indenBüros,welche
optimiert werden sollen (Genba, jpn. «am Ort des
Geschehens»). Hier gilt der «Buttom-up»-Ansatz.
Mitarbeitende bestimmen die Arbeitsweise, was unter
anderem zu grosser Akzeptanz und mehr Nachhaltig-
keit führt.
Richtige Optimierungen sind erst in der Betriebs- und
nicht bereits in der Planungsphase möglich, denn nie-
mand kann voraussagen was nicht voraus zu sehen ist.
Die Chefs und die «alten Weisen» werden bei Kaizen
Workshops bewusst ausgelassen. Die Macht und Er-
kenntnis kommt «von unten», von der Basis.
Kaizen bei Saia
®
Jedes Jahr gehen Saia-Mitarbeitende zu wochenlan-
gen Praxiskursen in japanische Werke. Zweimal im
Jahr kommt der
«
Grosse Meister
»
Moro San zu lo-
kalen Workshops ins Werk nach Murten. Dies stellt
sicher, dass wir nicht in angenehme, chefgesteuerte
KVP Methoden abdriften.
In solchen Workshops erleben Saia-Mitarbeiter kom-
promissloses Genba-Kaizen mit dem Meister höchst
persönlich. Sein sokratischer Ansatz des Dialogs
1)
ist sehr direkt und basiert auf ständigem Fragen. Damit
wird konsequent auf die Lösungsfindung und nicht auf
die Hindernisse fokussiert. Gefordert werden höchste
Flexibilität mit praktikabler und sofortiger Umsetzung,
nur so wird man lean.
Warum wird dies so gemacht? Was ist der Nutzen, die
Wertschöpfung einer Tätigkeit? Wie kann ich das Pro-
blem beseitigen? Wie komme ich ans Ziel? … Fragen
über Fragen, bis man zum wirklichen Ursprung eines
Problems und so zum Lösungsansatz einer Verbesse-
rung kommt. Alle Schritte und Tätigkeiten werden auf-
gebrochen, durchleuchtet und beurteilt. Unnötiges wird
eliminiert, Tätigkeiten neu kombiniert sowie getestet
und die Verbesserungen sofort operativ angewendet.
Nicht Lean: das Management läuft durch den Betrieb und sucht
nach Verbesserungen.
Gastbeitrag
Kai
Veränderung
Zen
Zum Besseren
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